Dabei sind sie nicht allein und es gibt zahlreiche Wege, sie zu unterstützen.
Definition und Statistiken
Laut einer Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht man in Fachkreisen von unerfülltem Kinderwunsch, wenn nach 2 Jahren des ungeschützten Geschlechtsverkehrs keine Schwangerschaft eingetreten ist.
In Deutschland sind etwa 10 bis 15 % aller Paare, umgerechnet circa 6 Millionen Bundesbürger, ungewollt kinderlos.
In Deutschland sind etwa 10 bis 15 % aller Paare, umgerechnet circa 6 Millionen Bundesbürger, ungewollt kinderlos. Der Grund für die Kinderlosigkeit liegt in etwa 25 % der Fälle ausschließlich bei der Frau, in etwa 30 % nur beim Mann und bei etwa 40 % der Paare liegen die Ursachen bei beiden Partnern. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, dass keine Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch festgestellt werden kann (etwa 5 % der Fälle).
Ist der Zeitpunkt das Problem?
In der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft wird der Kinderwunsch häufig „nach hinten“ verschoben, also auf eine Schwangerschaft jenseits der magischen 30. Und auch eine Schwangerschaft mit 40 Jahren ist heute keine Seltenheit mehr. Doch mit steigendem Alter – beider Partner – sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft.
Vergleicht man das Durchschnittsalter der Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes, sieht man in den letzten 30 Jahren einen deutlichen Anstieg. Waren die Frauen 1980 im Durchschnitt 25,2 Jahre alt (alte Bundesländer; neue Bundesländer: 21,8 Jahre), so ist das Durchschnittsalter im Jahr 2010 auf 30,2 Jahre gestiegen. Dabei macht der Anteil an Erstgebärenden über 36 Jahren mittlerweile knapp ein Fünftel aller Mütter aus. Eine Ursache hierfür ist die deutlich bessere Ausbildung der Frauen, die es mit sich bringt, dass die Chancen am Arbeitsmarkt steigen. Hinzu kommt die von vielen Arbeitgebern gewünschte zeitliche und räumliche Flexibilität. Auch das Freizeitverhalten hat sich insofern gewandelt, dass viele Paare/Frauen reisen möchten und sich kulturell interessieren. All das ist ohne Kind einfacher, daher wird die Entscheidung für ein Kind erst einmal vertagt.
Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit, mit 30 Jahren schwanger zu werden, nur noch bei 60 %, ab 40 Jahren sogar unter 40 % und auch eine Fruchtbarkeitsbehandlung/künstliche Befruchtung führt nur bei etwa 30 % der Behandlungen zum Erfolg. Doch nicht nur bei der Frau sinkt mit zunehmendem Alter die Fruchtbarkeit, auch die Zeugungsfähigkeit des Mannes nimmt ab – statistisch gesehen wird ein Mann über 40 nur noch selten Vater und bereits ab einem Alter von 35 Jahren tritt eine verminderte Spermienqualität auf.
Mögliche Ursachen bei der Frau
Ursachen und Gründe für eine verminderte Fruchtbarkeit bei Frauen gibt es viele und nicht immer lassen sie sich einfach bestimmen. Häufig ist die Fruchtbarkeitsstörung aber durch einen oder mehrere der folgenden Faktoren bedingt:
- starkes Unter- oder Übergewicht (stark übergewichtige Frauen haben oft keinen Eisprung, stark untergewichtige Frauen haben oft keinen regelmäßigen Zyklus, da der Körper einer Schwangerschaft nicht gewachsen wäre),
- Verklebungen oder Verwachsungen der Eileiter aufgrund vorangegangener Unterleibsentzündungen,
- Einnahme bestimmter Medikamente (zum Beispiel gegen Bluthochdruck oder Kortisonpräparate) oder Durchlaufen einer Chemotherapie,
- Tumor- oder Viruserkrankungen,
- krankhafte Störungen der Schilddrüse,
- Diabetes mellitus,
- Funktionsstörungen von Leber und Niere,
- neurologische und psychiatrische Erkrankungen,
- Drogen-, Medikamentenmissbrauch,
- Umweltgifte/Pestizide (unter anderem Quecksilber in Amalgam-Zahnfüllungen),
- (übermäßiger) Genuss von Alkohol, Nikotin und Koffein,
- negativer Stress und Schichtarbeit.
Ein regelmäßiger Zyklus ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Fruchtbarkeit. Allerdings ist gerade das Hormonsystem, das für einen regelmäßigen Zyklus verantwortlich ist, sehr anfällig für Störungen. Ein häufig auftretendes Problem ist eine Funktionsstörung der Hypophyse, der Hirnanhangsdrüse, die sich wie folgt bemerkbar macht: verringerte Ausschüttung der Hypophysen-Hormone FSH und LH (FSH: Follikel-stimulierendes Hormon; LH: luteinisierendes Hormon), niedriger Östrogenspiegel, kein Eisprung, verringerte/keine Eizellreifung, seltene/keine Regelblutung. Weiterhin ist die Gebärmutterschleimhaut nicht ausreichend auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorbereitet und die Beschaffenheit des Zervixschleims verhindert ein Aufsteigen der Spermien in die Gebärmutter.
Allerdings können Hormonstörungen in der Regel einfach behandelt werden, indem sich die Frau einer Hormontherapie unterzieht, die vom Frauenarzt abgestimmt und verschrieben wird.
Eine weitere gynäkologische Ursache kann das Vorliegen einer Endometriose sein, bei der sich Teile der Gebärmutterschleimhaut an den verschiedensten Stellen innerhalb des Körpers ansammeln, häufig im Bauchraum im Bereich der Eierstöcke und des Darms. Dies kann zu Gewebeverklebungen, Verwachsungen und Verschlüssen der Eileiter führen, was eine Befruchtung rein „mechanisch“ erschwert.
Ein ganz spezieller, aber auch ziemlich seltener Fall als Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch ist eine Immununverträglichkeit der beiden Partner. Dabei bildet das Immunsystem der Frau Abwehrstoffe (sogenannte Antikörper) gegen die Spermien des Mannes. Diese Abwehrstoffe erkennen die Spermien als „Feind“ und zerstören sie, bevor es zu einer Befruchtung kommen kann. Es gibt allerdings eine spezielle Form der Desensibilisierung des Immunsystems der Frau gegen die Spermien des Mannes, sodass diese nicht mehr als „Feind“ erkannt werden und eine Befruchtung der Eizelle möglich ist.
Mögliche Ursachen beim Mann
Der häufigste Grund für eine verringerte Zeugungsfähigkeit bei Männern ist eine gestörte Spermienproduktion in den Hoden. Die Spermienflüssigkeit enthält im Durchschnitt 20 Millionen Spermien, davon sollten mindestens 30 % normal geformt und mindestens 50 % gut beweglich sein, um die Befruchtung einer Eizelle zu ermöglichen. Eine gute Spermienqualität kann durch gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung positiv beeinflusst werden. Die Spermienqualität kann sehr leicht mit Hilfe eines Spermiogramms untersucht werden, was in der Regel von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt wird, wenn Hinweise auf Unfruchtbarkeit vorliegen. Allerdings können akute Infektionen die Qualität der Spermien kurzfristig negativ beeinflussen, sodass erst eine wiederholte Untersuchung endgültige Rückschlüsse auf die Spermienqualität geben kann. Ein weiteres Problem können defekte oder nicht vorhandene Samenleiter darstellen, so dass die funktionsfähigen Spermien nicht weitertransportiert werden können und das Ejakulat somit keine Spermien enthält.
Auch bei Männern kann Diabetes eine Rolle spielen, wenn es um die Fortpflanzung geht. Neben einem verringerten Sexualtrieb kommt es in manchen Fällen auch zur Impotenz. Weiterhin zeigten wissenschaftliche Untersuchungen, dass im Ejakulat von Diabetikern mehr defekte Spermien vorhanden sind als bei gesunden Männern. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Potenz des Mannes kann eine zugrundeliegende Schilddrüsenerkrankung sein.
Gerade bei etwas älteren Männern können auch Erektionsstörungen eine Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sein.
Psychologische Aspekte – Leiden im Verborgenen?
Zeugungsunfähigkeit und Unfruchtbarkeit – gar nicht mal so selten, beides gut medizinisch behandelbar und doch überhaupt nicht gesellschaftsfähig. So oder ähnlich könnte der Titel zu einem Zeitschriftenartikel oder Dokumentarfilm im Fernsehen lauten, denn er gibt in wenigen Worten wieder, unter welchem psychologischen Druck betroffene Paare stehen, die sich oft nichts mehr wünschen, als über ihre Probleme zu sprechen. Doch vielleicht ist die öffentliche Diskussion darüber auch zu intim.
Wird das Thema allerdings nur innerhalb des Paares diskutiert, ist dies natürlich auch eine enorme Belastung für die Beziehung. Das Gefühl, der Leistungsdruck im Bett steige ins Unermessliche, nimmt die Lockerheit aus dem Sexualleben und bringt Zwang mit sich – und den Umgang mit der Enttäuschung jeden Monat, wenn es wieder nicht geklappt hat. Viele Paare oder auch nur ein Partner zerbrechen an diesem Druck und an der Tatsache, dass sich alles nur noch um dieses eine Thema dreht. Und so beginnt ein Teufelskreis, der auch noch negativen Einfluss auf die Erfolgschancen hat, da Stress bei beiden Partnern zu verringerter Fruchtbarkeit führt.
Eine wahrscheinlich noch größere Belastungsprobe für die Beziehung ist es, wenn der unerfüllte Kinderwunsch durch einen der beiden Partner bedingt ist. Nicht nur, dass dieser mit der Diagnose zurechtkommen muss, vermutlich quälen ihn auch Schuldgefühle gegenüber dem anderen Partner, dass er ihm den Wunsch nach einem gemeinsamen leiblichen Kind nicht erfüllen kann. Doch auch für den gesunden Partner entstehen daraus psychisch belastende Fragen: Soll ich mit diesem Partner zusammenbleiben, wenn ich mit einem anderen ein Kind haben kann? Bei dieser schmalen Gratwanderung wünschen sich sicherlich beide Partner Rückhalt – von innen wie von außen (Freunde, Familie, Ärzte (behandelnder Frauenarzt, aber auch beispielsweise Psychologen) oder auch Psychotherapeuten).
Unerfüllter Kinderwunsch ist ein Thema, das aus der Tabu-Ecke geholt werden sollte, denn es gibt viele Möglichkeiten, den Wunsch nach einem Kind zu erfüllen beziehungsweise Paare auf ihrem Weg dahin zu begleiten – vielfältige medizinische Hilfe (zum Beispiel künstliche Befruchtung oder intrazytoplasmatische Spermieninjektion), die Möglichkeit einer Adoption oder auch einfach nur das seelische und moralische Beistehen für Paare, die gerade eine der Phasen auf dem Weg zu einem glücklichen Leben mit Kind durchlaufen und bei denen es nicht gleich klappt mit dem Wunschkind. Die gemeinsame Freude am Ende ist für alle umso größer!